Seelen-Wanderung

Bereits an diversen anderen Stellen hatte ich darauf hingewiesen, dass jede Heilkunde insofern unvollkommen ist, als dass sie zwar körperliche und geistige Leiden vorübergehend zu lindern oder zu beseitigen vermag, das irdische Lebensende jedoch niemals verhindern kann. Diese Erkenntnis erscheint den meisten Menschen in der (atheistisch und materialistisch ausgerichteten) westlichen Welt derart bitter, dass alle damit verbundenen Themen während der gesamten irdischen Lebenszeit vehement ausgeblendet werden …

Die fernöstlichen Heilkunden hingegen, deren Ursprung wohl allesamt in den uralten vedischen Überlieferungen zu finden ist, betrachten den Sinn und die Zeit des irdischen Lebens völlig anders – und das trifft auch für solche Religionen zu, wie das Judentum, das Christentum sowie den Islam, wenn sie nicht durch Missverständnisse, Irrtümer oder sogar Vorsatz verunreinigt sind. In den vedischen Überlieferungen wird also recht detailliert beschrieben, wie die Seele eines inkarnierten (materiell verkörperten) Lebewesens durch die Zeiten und Welten immer wieder wandert, so lange sie materiell angehaftet und dadurch den Bedingungen der materiellen Welt unterworfen ist (Srimad Bhagavatam, 10. Canto, 1. Kapitel, 38.-43. Vers):

„… wer geboren wird, wird mit Sicherheit sterben, denn mit dem Körper wird auch der Tod geboren. Man mag heute oder nach Hunder­ten von Jahren sterben, doch der Tod ist jedem Lebewesen sicher.“

„Wenn sich der gegenwärtige Körper in Staub verwandelt und wieder in die fünf Elemente zerfällt, nämlich in Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther, erhält der Eigentümer des Körpers, das Lebewesen, entsprechend seinen fruchtbringenden Handlungen automatisch einen neuen, aus materiellen Elementen bestehenden Körper. Wenn das Lebewesen einen weiteren Kör­per bekommt, gibt es den gegenwärtigen auf.“

„Genau wie ein Wanderer erst einen Fuß auf den Boden setzt und dann den anderen hebt oder wie ein Wurm auf einer Pflanze ein Blatt erst dann verläßt, wenn er sich auf das nächste vorgetastet hat, so sucht die bedingte Seele in einem neuen Körper Zuflucht und gibt dann den alten auf.“

„Wenn man eine Situation mit eigenen Augen erlebt oder davon gehört hat, sinnt man darüber nach und stellt Mutmaßungen an, und während man so in diesem Gedanken aufgeht, denkt man nicht mehr an seinen gegenwär­tigen Körper. ln ähnlicher Weise bewirken gewisse Vorgänge im Geist, daß man nachts im Traum seine tatsächliche Stellung vergißt und glaubt, an einem anderen Ort in einem anderen Körper zu leben. Ebenso verhält es sich auch, wenn man seinen gegenwärtigen Körper aufgibt und einen neuen annimmt … .“

„Je nachdem, was der Geist, der in fruchtbringende Handlungen verstrickt ist, zur Zeit des Todes denkt, fühlt und wünscht, erhält man einen bestimm­ten Körper. Mit anderen Worten: Der Körper entwickelt sich entsprechend den Tätigkeiten des Geistes. Wechsel des Körpers sind auf die Unstetigkeit des Geistes zurückzuführen, denn wäre der Geist nicht so flackerhaft, könnte die Seele in ihrem ursprünglichen, spirituellen Körper bleiben.“

„Wenn sich die leuchtenden Himmelskörper, wie der Mond, die Sonne und die Sterne, in Flüssigkeiten wie Öl oder Wasser spiegeln, scheinen sie aufgrund der vom Wind bewegten Spiegelbilder verschiedene Formen zu haben – das heißt, manchmal sehen sie rund aus, manchmal länglich usw. ln ähnlicher Weise hält das Lebewesen, die Seele, verschiedene Manifesta­tionen aus Unwissenheit für seine eigene Identität, weil es in materialisti­sche Gedanken vertieft ist. Mit anderen Worten: Die Erfindungen des Gei­stes verwirren uns, da wir von den materiellen Erscheinungsweisen der Na­tur in Erregung versetzt werden.“

Und hier noch einmal eine sehr gute Erklärung für den Prozess einer „Seelenwanderung“ aus (ayur-) vedischer Sicht (man kann in diesem Video die englischen Untertitel gegebenenfalls zuschalten und dann auch automatisch ins Deutsche mit übersetzen lassen): Hinduism Introduction: Core ideas of Brahman, Atman, Samsara and Moksha | History | Khan Academy